Montag, 17. September 2012

Nestol & Trommeln

Heute war Montag. Das bedeutet Kinder voller Energie, auf die wir schon ausgesprochen früh am Morgen mit u.a. Schreiwettbewerben dezent hingewiesen werden. Nachdem ich so also vom wittnauer Sportplatz zurück in mein Zimmer in Kapstadt gerufen wurde, entschlossen Ann-Christin und ich auch heute wieder nicht nur vom Sport zu träumen sondern ihn joggend zu realisieren.
Als ich mich später am Mittag wieder auf dem Parkplatz der Westgate Mall einfand und mir eine halbe stunde Warten bevorstand, blickte ich mich suchend nach meinem „Parkplatzfreund“ um. Ich musste auch überhaupt nicht lange warten und schon kam er zwischen den Autos hervor. Er hatte gerade seine Schicht beendet und war auf dem Weg zu seiner zweiten Arbeitstelle. Glücklichweise hatte er, ich erfuhr später, dass er Nestol heißt, noch etwas Zeit sich mit mir zu unerhalten. Nestol erzählte mir, dass ihm nun eine Nachtschicht von 18 Uhr bis 6 Uhr bevorstand und morgen um 8 Uhr wieder seine Schicht auf dem Parkplatz beginnt. Obwohl die Nachtschicht ihm jegliche Möglichkeit zu schlafen raubt, ist sie sehr wichtig für ihn. Hier bekommt er einen festen Lohn. Auf dem Parkplatz bekommt er nur das Trinkgeld, dass ihm gegeben wird und muss zusätzlich 25 Rand zahlen, um dort arbeiten zu dürfen. Manchmal, so erzählte er mir, reicht das Geld gerade so um das Zugticket zu bezahlen und manchmal hat er sogar Schwierigkeiten die 25 Rand zusammen zu bekommen. Es gibt aber auch andere Tage und so verrät er mir schmunzelnd, dass Freitags und Samstags die Menschen großzügiger zu sein scheinen. Nestol kommt eigentlich aus Burundi, von wo er mit Unterstützung einer Kanadierin auf Grund Krieges geflohen ist und so 2003 nach Südafrika kam. Seine Eltern aber leben noch in Burundi. Als ich ihn fragte wie alt er denn sein würde (es hatte mich gewundert, dass er hier noch keine Familie hat) traute ich meinen Ohren nicht. Er sei erst 22 Jahre. Er musste meinen verduzten Blick gesehen haben (ich hätte ihm über 10 Jahre mehr gegeben) denn er fügte schnell hinzu, dass er weiß, dass er viel älter aussehe. Dies komme von dem wenig Schlaf und der wenigen Ruhe die er hat.
Ich glaube ihm. Sein hartes Schicksal, all die Erlebnisse und die harte Arbeit scheinen ihre Spuren in seinem Gesicht hinterlassen zu haben und lassen ihn älter wirken. Ich bin tief beeindruckt von dem Mann der nur zwei Jahre älter ist als ich, von seinem Schicksal jedoch gezwungen wird sich schon in einer viel späteren Lebensphase aufzuhalten und der trotzdem das Leuchten in seinen Augen nicht verloren hat. Ich wünsche mir für ihn, dass er es eines Tages leichter haben wird!
Im Hort habe ich den Kindern meines Zirkusprojektes heute etwas neues akrobatisches gezeigt und es scheint ihnen sehr Spaß gemacht zu haben. Ich muss nur irgendwie das Aufwärmprogramm kürzen, das bis jetzt 2/3 der Zeit einnimmt!
Nachdem alle Kinder gegangen waren habe ich mir Tusu beiseite genommen. Die Kleine kann alles von Tanzen über Singen zu Trommeln. So habe ich heute meine erste Trommelstunde bekommen. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht und ich möchte auf jeden Fall mehr lernen. Wegen des Nachbars konnten wir jedoch nicht völlig im Rhythmus aufgehen sondern mussten uns etwas zügeln. Hoffentlich hat er nichts gehört. Ab 17 Uhr ist Trommeln hier nämlich verboten.
Alles in Allem war das heute ein sehr schöner Tag an dem ich trotz des festen Programms wieder so viel Neues erleben durfte. So kann es weitergehen!

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