-23. November
– 10. Dezember 2012-
Die vergangenen Tage waren
unglaublich gefüllt mit den verschiedensten Erlebnissen, sodass ihr mir meine
Berichtpause entschuldigen müsst. Da am ersten Dezember die langersehnte
Closing Ceremony anstand, stand die vorangehende Woche ganz im Sterne der
Vorbereitung dieses Festes. Wir kauften allerlei Essen und verteilten die
verschiedenen Aufgabenbereiche auf die verschiedenen Personen. Ich erklärte
mich mit Ann-Christin dazu bereit die Dekoration zu übernehmen und überlegte
mir am Folgeabend, was es denn für Möglichkeiten einer billigen und doch
schönen Dekoration gäbe. Am nächsten Tag begab ich mich zusammen mit Bongi und
Lusanda auf den Weg allerlei Besorgungen zu machen. Ich konzentrierte mich vor
allem auf die Zirkuskostüme und die Dekorationsmaterialen. Die Kassiererin
eines Kleiderladens staunte jedoch nicht schlecht, als wir die Tragekapazität
ihres Tresens erprobten, indem wir vor ihr einen Berg aus jeweils einem Modell
ihres fast gesamten T-Shirt Sortiments auftürmten. Diese T-Shirts waren als
Weihnachtsgeschenke für die Hortkinder vorgesehen und deswegen half alles
nichts. Ein T-Shirt nach dem anderen wurde gescannt und die Schlange hinter uns
immer länger. Schließlich konnten wir den Laden jedoch zufrieden mit großen und
vor allem vollen Tüten verlassen. Am Abend diesen Tages begann ich auch gleich
damit meine verschiedenen Dekorationsideen auszuprobieren. Pappebögen
verwandelten sich in kunstvoll bunte Rosetten, Servietten in prachtvolle Rosen und
Einmachgläser in schöne Windlichter. Da die Halle jedoch sehr groß ist hatte
ich selbst um 1 Uhr nachts noch nicht einmal einen kleinen Teil der benötigten
Menge gebastelt. Da meine Augenlieder jedoch immer schwerer wurden und mir das
Öffnen der Augen so schwer viel, als hätte ich den Bastelkleber versehentlich
in meine Augen und nicht auf die Pappe aufgetragen entschied ich mich trotz des
Zeitdrucks dazu ins Bett zu gehen. Den nächsten Tag konnte ich jedoch auch
nicht voll und ganz der Dekoration hingeben, da wir noch letzte Einkäufe
erledigen mussten. Glücklicherweise halfen mir Adrian und Ann-Christin mit dem
Basteln sehr und so wuchs die Fülle der Dekorationsmaterialien stetig an. Die
Dekoration allein war jedoch nicht meine
einzige Verantwortung. Ich musste auch sicherstellen, dass ich noch genügend
Zeit und Platz zu Verfügung hatte um den Bewegungen meiner Zirkuskinder den
letzten Schliff zu geben.
Und dann war er da. Samstag der
1. Dezember 2012, der Tag der Closing Ceremony. Da wir schon am Tag zuvor
bis spät in die Nacht dekoriert und 200 Luftballons kraft unserer Lungen
gefüllt hatten, mussten wir uns an diesem Morgen nur noch um den Außenbereich
kümmern, der mit Rosen, Teelichtern und einem herzlichen
„Wamkelekile“(Willkommen)-Schild gestaltet wurde.
Tuzu und Thabi während des Dekorierens |
Während die Halle sich nun mit
immer mehr Gästen füllte, stieg meine Aufregung stetig an. Ich war ja nicht nur
am Auftritt meiner Zirkusgruppe beteiligt, sondern führt auch selbst mit den
anderen Mädchen den traditionellen Tanz auf. Ich schlüpfte also ein weiteres
Mal in die Tanzkleidung, ging die Schritte noch einmal in meinem Kopf durch und
schon war es soweit. Die Trommelschläge erklangen und ich rannte zusammen mit
den Mädchen auf die Bühne. Unter den jubelnden Zurufen des Publikums verschwand
meine Aufregung jedoch schnell und ich konnte den Auftritt in vollen Zügen
genießen. Als dann auch noch der Auftritt meiner Zirkusschützlingen fehlerfrei
verlief, erfüllte sich meine Brust voller Stolz und ich war froh, dass sich all
die vielen und zeitweise auch nervenaufreibenden Proben gelohnt hatten. Während
der ganzen Aufführung ist mir ein weiteres Mal aufgefallen, was die
Südafrikaner und vor allem die Xhosa doch für ein lebensfrohes Volk sind.
Während Auftritte bei uns meist schweigend verfolgt und mit einem Klatschen
nach dem Auftritt gewürdigt werden, herrscht hier meist schon während des
Auftritts eine ausgelassene Stimmung in der die Menschen vor Freude jubeln und
schreien. Mit einem feinen Essen (es gab eine Auswahl an Salaten und dazu
Hähnchen) wurde die Ceremony anschließend beendet. Insgesamt war sie ein voller
Erfolg. Jeder Auftritt, von Zabalaza über verschiedene Tänze mit Dosen und
Gummistiefeln zu Zirkus verlief sehr gut, die Halle sah sehr schön aus und die
Stimmung war mitreisend.
So schnell wie alles angefangen
hat war es dann jedoch wieder vorbei und der Montag ließ kaum erahnen, was am
Samstag alles stattgefunden hatte. Mit dem Montag änderte sich jedoch einiges.
Obwohl das Projekt offiziell noch bis zum 14. Dezember geöffnet ist, kamen schon
am Montag keine Kinder mehr und unsere Kindergärtnerin saß ganz alleine in der
Halle. Zu dieser Zeit des Jahres fährt die Mehrzahl der Familien hier zum
Eastern Cape und so kann es schon mal passieren, dass auf einmal kein Kind mehr
im Kidergarten ist.
Langweilig wird es hier jedoch
nicht. Unserer Projektleiterin Bongi wollte eigentlich umziehen und hat daher
ihre Wohnung auf ein bestimmtes Datum gekündigt. Wie sich an jenem Datum jedoch
herausstellte handelte es sich bei ihrer neuen Wohnung um eine Zwangsräumung
des Vormieters, der sich anscheinend noch nicht gewillt dazu zeigte, die
Wohnung zu verlassen. Bongi die davon ausgegangen war an dem abgesprochenen
Datum die neue Wohnung beziehen zu können stand nun mit Sack und Pack, ihrem
Neffen und ihrem Sohn buchstäblich auf der Straße. Glücklicherweise fand sie
jedoch zwei Tage später eine Übergangslösung in einem nahegelegenen Stadtteil,
wo sie jetzt erst mal zwei Monate leben wird. In den zwei Zwischentagen kam sie
bei uns auf der Farm unter. Wir halfen also erst ihren gesamten Hausrat von
zerbrechlichen Wohnzimmertisch über schönem Schmuck zu einem Herd aus dem Auto
in die Halle und zwei Tage später zurück zum Auto zu transportieren. Mit vielen
helfenden Händen gestaltete sich das Ganze jedoch sehr spaßig.
Im Moment haben wir noch kaum
etwas zu tun. Es kommen keine Kinder mehr aber wir sollen die Farm nicht
verlassen, falls ein Notfall eintreffen würde und wir hier gebraucht werden
würden. Da mir jedoch vorgestern mein Magen mit starken Krämpfen zu verstehen
gegeben ha , ich solle mich doch erst mal einige Zeit im Bett aufhalten finde
ich diese Situation nicht all zu schlimm. Glücklicherweise geht es mir jetzt
schon besser sodass ich feste Pläne für meine bevorstehende Reise schmieden
kann. Namibia wäre auf jeden Fall sehr schön! Nur das mit dem Alleinreisen
stimmt meine eigentlich selbst sehr abenteuerliebende Mama noch nicht sehr
glücklich.. Ich vertraue einfach mal auf den Fluss des Lebens.
Zum Abschluss noch ein Zitat aus "Muscheln in meiner
Hand" von Anne Morrow Lindbergh auf das ich heute durch Zufall gestoßen
bin. Es ist so wahr..
“Wenn man jemanden liebt, so liebt man ihn nicht die ganze
Zeit, nicht Stunde um Stunde auf die gleiche Weise. Und doch ist es genau das,
was die meisten von uns fordern. Wir haben so wenig Vertrauen in die Gezeiten
des Lebens, der Liebe, der Beziehungen. Wir jubeln der steigenden Flut entgegen
und wehren uns erschrocken gegen die Ebbe. Wir haben Angst, sie würde nie
zurückkehren. Wir verlangen Beständigkeit, Haltbarkeit, Fortdauer; und die
einzige mögliche Fortdauer des Lebens wie der Liebe liegt im Wachstum, im
täglichen Auf und Ab - in der Freiheit; einer Freiheit im Sinne von Tänzern,
die sich kaum berühren und doch Partner in der gleichen Bewegung sind. Die
einzige wirkliche Sicherheit liegt nicht im Soll oder Haben, im Fordern oder
Erwarten, nicht einmal im Hoffen. Die Sicherheit einer Beziehung besteht weder
im sehnsuchtsvollen Verlangen nach dem was einmal war, noch im angstvollen
Bangen vor dem, was kommen könnte, sondern im lebendigen Bekenntnis zum
Augenblick. Denn auch eine Beziehung muss wie eine Insel sein. Man muss sie
nehmen wie sie ist, in ihrer Begrenzung - eine Insel, umgeben von der
wechselvollen Unbeständigkeit des Meeres, immerwährend vom Steigen und Fallen
der Gezeiten berührt. Man muss die Sicherheit des beschwingten Lebens
anerkennen, seine Ebbe, seine Flut und seine Unbeständigkeit.”