Donnerstag, 22. August 2013

August, der letzte Monat


-22. August 2013-
Die Uhr tickt, Deutschland rückt näher und Südafrika macht mich noch immer jeden Tag glücklich. Florian, Sis Bongi, Bhut Lusanda und Sis Pinky reisten ende Juli nach Johannesburg, da sie die Möglichkeit bekommen hatten einen tiefen Einblick in die Arbeit eines dortigen Waisenhaus zu bekommen. Hinsichtlich der Pläne Vulamasangos schon bald eine größere Anzahl von Waisenkindern aufzunehmen, war dies natürlich eine gute Möglichkeit sich auszutauschen und von den Erfahrungen anderer zu lernen.
Während dieser Zeit war es an uns Freiwilligen das Projekt am Laufen zu halten und den After School Care zu leiten. Es waren zwei sehr schöne und intensive Wochen die ich vor allem der Arbeit mit meinen Zirkuskindern widmete. Leider steht uns tagtäglich nur sehr wenig Zeit zur Verfügung sodass ich nicht so ausführlich trainieren kann, wie es eigentlich wichtig wäre und ich es mir wünschen würde. Meine Wunschtrainingseinheit sähe so aus, dass wir etwa eine halbe Stunde zum Aufwärmen hätten, eine weitere halbe Stunde zum Dehnen und Muskelübungen und anschließend eine Stunde zum üben, erlernen und kreativem gestalten der Elemente. Da mir oft jedoch leider nur 30-45 Min zu Verfügung stehen, bleibt mir nichts anderes übrig als das Aufwärmen kurz zu halten um wenigstens ein bisschen Zeit für Neues zu haben. Da ich ja nun bald nicht mehr da bin und Eine der neuen Voluntären den Zirkus übernehmen wird, haben wir außerdem ein Buch angelegt indem wir die erarbeiteten Pyramiden und Figuren festhalten.

 
Da am Freitag dem 9. August Tag der Frauen und somit Feiertag war, wurde uns das Vergnügen eines langen Wochenendes zuteil. Eine solche Möglichkeit wollten wir nicht ungenutzt verstreichen lassen und so entschieden ich, mein Freund Mvu, Ann-Christin und Matthew uns dazu, das Wochenende in Hermanus zu verbringen. Hermanus ist eine kleine Stadt, die mit dem Auto gut in ca zwei Stunden von Kapstadt aus zu erreichen ist. Hermanus ist vor allem durch die vielen Wale bekannt, die sich in der Walsaison vor seiner Küste tümmeln. Glücklicherweise hatten wir die Möglichkeit auf der Farm eines alten Freundes Mvus zu übernachten, der uns außerdem Hermanus und seine schöne Natur zeigte. Die Farm auf der wir schliefen war ein wunderbares Stück Erde. Der Anbau ausschließlich ökologisch und der Vater, er scheint einen wahnsinnigen Einfallreichtum zu besitzen, baut viele Sachen um die Farm nachhaltig und beinahe komplett unabhängig zu betreiben.
Wir hatten dort wirklich ein wunderschönes Wochenende und sehr viel Freude!



Den vergangenen Freitag hatten wir dann ein besonderes Ereignis im Creche. Ann-Christin hatte eine größere Geldsumme gespendet bekommen und so ein Ausflug in das Two Ocean Aquarium in Kapstadt vorbereitet. Für die Kinder ist ein solcher Ausflug immer etwas sehr besonderes und man konnte die kleinen Herzen förmlich pochen hören. Als wir es dann in das Aquarium geschafft hatten konnte man ganz unterschiedliche Reaktionen beobachten. Manche Kinder drückten sich die Nasen an den Scheiben platt, während andere eher etwas unsicher auf diese ungewöhnliche Kreaturen starrten. Schlussendlich schafften es die Fische und vor allem Pinguine jedoch, jedes kleines Kinderherz zu erobern und spätestens nach der Puppenshow mit Pinguinen, Krabben, Tintenfisch und Haien waren sie Fischfans. Nach dem Mittagsessen (es gab das südafrikanische Lieblingsessen Chicken) haben wir noch gemeinsam ein bisschen Musik gemacht. Adrian hatte seine Gitarre mitgebracht und inzwischen beherrschen die Kinder schon eine kleines Repertoire an Liedern. Wenn die Kleinen dann voller Inbrunst singen, aufspringen und wild zur Musik tanzen kann sich keiner ein Lächeln verkneifen. So viel Energie, so viel Freude!
Auf dem Heimweg waren dann alle jedoch sehr erschöpft und kaum ein Auge gewann den Kampf gegen die Müdigkeit. Rechts von mir, links von mir und auf mir kleine Kinder die sich an mich kuschelten und im Land der Träume spielten. Sie werden mir so fehlen!

Sieben Tage sind es noch. Sieben Tage bis zu meinem Abflug und der Gedanke daran schmerzt. Wenn allein Vorstellung meines Abschiedes Tränen in meine Augen bringt, wie soll ich dann den 29. August überstehen? Ich freue mich natürlich sehr auf meine Mama, auf meine Sisi, auf meine lieben, lieben Freunde und ich weiß alles ist vergänglich und der Abschiedsschmerz zeigt uns nur wie schön die Zeit war, aber mein Herz will all das nicht hören. Es fühlt sich hilflos, erdrückt von all den Emotionen und schmerzt. Es ist ein feiner, stechender Schmerz der mich begleitet und von Tag zu Tag wächst. Ich wusste, dass dieser Tag kommen würde und doch trifft es mich so unvorbereitet, so hart. Ich versuche es zu akzeptieren, ich versuche…

Donnerstag, 11. Juli 2013

Camp auf der Farm

- 11. Juli 2013 -


Da gerade Ferien in Kapstadt sind, haben wir die Chance mehr Zeit als gewöhnlich mit unseren Hortkindern zu verbringen. Der erste Trip kommt nun nicht mehr erst um 15 Uhr sondern schon um 13 Uhr und so können wir auch größere Spiele und Turniere in den Tagesablauf einplanen. Wir veranstalteten beispielsweise ein großes Fußball- sowie  4-Gewinnt-Turnier und verschiedene Geländespiele für die Kinder. Das Wetter meint es bis jetzt auch sehr gut mit uns. Es scheint als hätten wir eine Schönwetterphase und werden täglich von einer wärmenden Sonne verwöhnt. Da ist es auch nicht schlimm, dass meine heißgeliebte Wärmflasche vor einiger Zeit der Hitze des Wassers nachgab und langsam jedoch ausgesprochen heiße Tropfen von sich gab. So fand sich meine Ursula anstatt in meinem Bett im Mülleimer wieder. Genug von meiner Wärmi, zurück zu den Kindern.
Vergangenes Wochenende hatten wir zum verlängerten Ferienprogramm zusätzlich noch ein Camp, d.h. die Kinder haben bei uns von Freitag bis Sonntag auf der Farm geschlafen. Das Camp war im Gegensatz zu den letzten, hauptsächlich spaßorientierten Camps auf ernsthafte Themen konzentriert. Es wurden Themen wie Selbstbewusstsein, Wertschätzung, Hygiene, Sexualität etc. besprochen und zeitweise wurde es sehr emotional. Die Kinder und Jugendlichen konnten viel lernen und man konnte es ihnen aus den Gesichtern lesen, wie gut es ihnen gefiel und wie nahe es ihnen ging. Themen wie Sexualität, Verliebtsein usw. sind in den meisten Familien im Township noch immer tabu, was jedoch Gefahren wie Teenager-Schwangerschaften und HIV/Aids mit sich bringt. Auch der Umgang der Jungen mit ihren Freundinnen ist ein Thema über das gesprochen werden muss. Oft werden die Mädchen betrogen, ausgenutzt und falls nötig mit Gewalt zu Dingen gedrängt, die sie selbst nicht wollen. Es ist sehr wichtig, dass mit den Kindern offen über all dies gesprochen und ihnen die richtigen Wege aufgezeigt werden. Da die Elternhäuser in diesem Punkt oft versagen ist es auch an uns, an Vulamasango eine gesunde Aufklärungsarbeit mit den Kindern/Jugendlichen zu betreiben und so zu einer neuen, wissenden und verantwortungsbewussten Generation beizutragen.     
Heute begleitete ich BhutLusanda und SisPinky bei einigen Elternbesuchen unserer Hortkinder. Manche Besuche hatten das Ziel die Eltern über die Arbeit in Vulamasango zu informieren, andere Besuche fanden statt um zum Beispiel nachzufragen, warum das Kind schon länger nicht mehr kam. Obwohl ich inzwischen wirklich schon viel Zeit im Township verbracht und auch öfter im Township geschlafen habe, ist es immer noch sehr berührend für mich die Lebensumstände unserer Kinder/Jugendlichen zu sehen. Gleichzeitig bestehen jedoch selbst im Township große Besitzunterschiede. Während die eine Familie Schlaf-, Wohnzimmer und Küche in einer 3m x 3m Wellblechhütte untergebracht hat, lebt die andere Familie in einem stabilen Haus mit mehreren Zimmern und relativ viel Platz. Mit unseren Standards ist selbst das jedoch natürlich nicht vergleichbar. Trotzdem finde ich es jedes Mal so erstaunlich wie gepflegt unsere Kinder und Jugendlichen bzw. insgesamt die in den Township lebenden Menschen sind. Niemals würde ich vermuten, dass sie aus solche einfachen und armen Lebensverhältnissen stammen.
Neben der schönen Zeit die ich mit den Kindern im Projekt verbringe, finde ich es so schön, dass ich selbst nach 10,5 Monaten Tag für Tag neue Dinge über Südafrika lerne. Ein eher weniger schönes Beispiel ist, wenn es darum geht andere Autos darauf aufmerksam zu machen, dass sie ohne Licht fahren. Eine der drei großen Gangs in Südafrika benutzt genau dies als Initiations-Ritus. Die geprüfte Person muss hierbei ohne Licht herumfahren und die erste Person die aufblendet umbringen. Allein der Gedanke, dass so etwas existiert und dass das wirklich passiert ist schrecklich und lässt mich fragen warum Menschen das tun. Es muss Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit sein doch eine vollständige Antwort kann ich nicht finden, sie existiert nicht.
Genau dieses Gangstertum macht es jedoch noch einmal wichtiger, dass die Kinder eine Anlaufstelle nach der Schule haben und ihre Zeit nicht auf der Straße totschlagen. Denn es sind die unbeschäftigten Kinder, die oft in das Gangsterleben hineingezogen werden und dann nur schwer wieder davon loskommen.

uThando – Love

Mittwoch, 19. Juni 2013

Tag 323 - Die Zeit


 - 19. Juni 2013 -
Die Zeit; Eine Erfindung der Menschheit und doch sind wir ihr gegenüber so machtlos. Sie gleicht einem Band. In keiner Weise einem glatten, ebenmäßigen, geraden Band. Nein, die Zeit ist ein Band das sich im Winder wiegt, sich aufbäumt, in sich zusammen fällt, das breiter und schmäler wird, sich windet und verknotet und wir, wir können es nur betrachten. Ein jeder hat sein eigenes Zeitband und es findet sich keines, das einem anderen gleicht. Wir wissen, wir sind die Quelle des Windes, doch beeinflussen können wir ihn nicht.
Ich versuche die Zeit zu greifen, sie entrinnt meinen Fingern und je mehr ich mich darum bemühe sie zu halten, desto schneller wird ihr Schritt. Ich flehe sie an langsamer zu gehen, gibt es doch so viele schöne Dinge, die ich auf diesem Weg sehen möchte. Ich höre nur ihr höhnisches Lachen und spüre wie sich ihre Geschwindigkeit erhöht. Es fällt mir schwer Schritt zu halten, mein Atem rasselt in der Brust und der Schweiß läuft mir in die Augen wo er sich mit Tränen mischt. Ich greife nach allem, das sich am Wegesrand befindet und betrachte, erspüre und rieche es so genau, wie ich es für gewöhnlich nur selten tue. Doch für die vielen kleinen Wege die ich so gerne eingeschlagen hätte, hat die Zeit kein Auge und so läuft und läuft sie mit immer schneller und alle meine Versuche sie zu halten bleiben erfolglos.

Am Samstag den 8. Juni fand die Talent Show eines befreundeten Projekts statt. Ca.20 unserer After School Care Kinder nahmen daran teil und so machten wir uns gemeinsam mit dem Minibus und zwei Autos auf den Weg zum Ort des Geschehens. Neben den Tanz- und Gesangsaufführungen unseres Projektes wurden weitere schöne Beiträge wie zum Beispiel das Vortragen von Gedichten etc. aufgeführt und so ein sehr schöner Abend gestaltet. Nur zwei Mütter trübten den Abend etwas. Sie waren gekommen um ihre Töchter, Kinder eines anderen Projektes beim Tanzen zu sehen. Leider scheint es als wären sie den Verleitungen von Alkohol nicht gewachsen und so mussten ihre Kinder miterleben, wie ihre Mütter sich während der Aufführungen betranken und durch unverhältnismäßiges Jubeln oft die Aufmerksamkeit der anderen Zuschauer auf sich lenkten. Leider ist dies kein Ausnahmefall und der übermäßige Konsum von Alkohol im Township ganz gewöhnlich. Oft fangen Jugendliche schon sehr früh mit dem Trinken an, ein Problem mit dem sich auch unser Projekt auseinander setzen und Aufklärung leisten muss.



Ansonsten sind auch unsere Container-Streich-Arbeiten seit meinem letzten Eintrag ohne größere Vorfälle vorangeschritten. Die Front ist vollendet und nun ist es nur noch an mir, den Elefant auf den Außenseiten fertig zu stellen. Da das Wetter jedoch viel an Sonne verloren hat und die Containerwände oft von einer dünnen Wasserschicht bedeckt werden, zieht sich das leider etwas hin.
Auch im Kindergartenalltag macht sich das Wetter bemerkbar. Immer seltener können wir mit den Kindern raus und so beschäftigen wir die kleinen Energiebündel immer häufiger mit Spielen im inneren des Gebäudes. Gerade dann wird jedoch immer sehr deutlich, wie viel schöner ein abgeschlossener Raum doch wäre. Der Kindergarten findet in einem Teil der Halle statt, der nur durch einen Vorhang abgetrennt wird. Da dieser Teil jedoch am Nachmittag auch von den größeren Kindern genutzt wird, ist es unseren zwei Kindergärtnerinnen nicht möglich diesen Teil der Halle nach ihren Vorstellungen einzurichten. Trotzdem versetzen sie mich jeden Tag aufs neue in ein Staunen, wie sie es schaffen trotz der Kargheit des Raumes eine solch gemütliche Atmosphäre zu schaffen.
Da eine unserer Kindergärtnerinnen vor kurzem ein Baby bekommen hat haben wir auch manchmal ein ganz Kleines bei uns im Kindergarten. So wurden mir auch schon die ersten Grundkenntnisse vermittelt was es heißt, eine Xhosa-Mama zu sein. 

Zemande, das Baby unserer Kindergärtnerin 

Mittwoch, 15. Mai 2013

Kunterbunt


- 15. Mai 2013 -
Die Tage werden kälter und meine Wärmflasche meine beste Freundin. Gerade an solchen Tagen ist es unglaublich angenehm damit zu starten eines der Kinder zu massieren. Oft werde ich mit den Worten begrüßt „Me today Laila, ne? Massage!“ und das auserwählte Kind blickt mir oft freudig entgegen (bei denen die zum ersten Mal kommen ist es jedoch viel eher ein Blick voller fragender Unsicherheit). Da mir Mama ein tolles Massageöl aus Deutschland mitgebracht hat, entspannen sie sich nun jedoch noch schneller unter meinen Händen und gleiten geschwind ins Land der Träume.
Nachdem wir im Hort uns zu Beginn des Jahres ausschließlich auf schulische Aufgaben konzentriert hatten, haben wir vor einigen Wochen wieder damit begonnen verschiedene Projekte aufzugreifen. Ich habe wieder eine Zirkusgruppe mit teilweisen alten aber auch relativ vielen neuen Kindern, Ann-Christin leitet Spiele wie beispielsweise Völkerball und Adrian sucht sich regelmäßig verschiedene Kinder aus, die ihm im Garten helfen. Zusammen leiten wir außerdem das Craft-Projekt, dessen letzte Resultate ein schöner Geburtstagskalender sowie Geldbeutel aus Milchtüten waren. Da die Hausaufgaben jedoch verständlicherweise  noch immer an erster Stelle stehen und aufgrund der früh hereinbrechenden Dunkelheit die ersten Kinder das Projekt schon um 6 Uhr verlassen, bleiben mir für meine Zirkusgruppe oft nur 45 Minuten. Die Zeit die mir dann nach einem benötigten Aufwärmen noch zu Verfügung steht, ist leider viel zu kurz um neue Elemente zu erarbeiten. Doch leider scheint es so, als könne man daran im Moment nichts ändern und ich muss auf die Ferien warten um richtig starten zu können. Diese Woche konzentrieren sich die Kinder jedoch darauf, das für die Closing Ceremony Einstudierte noch einmal zu wiederholen. Ein befreundetes Projekt möchte im Juni eine
Talent Show präsentieren und sich am Freitag hierfür zwei Gruppen aus Vulamasango aussuchen, die dort dann auftreten dürfen.
Da wir Freiwilligen außerdem die Aufgabe bekommen haben die Außenwände eines Container zu bemalen und die Kinder recht eigenständig wiederholen und üben können, trifft sich der Zeitpunkt gerade sehr gut. Der Container ist als Computerraum für die Älteren des Projektes vorgesehen und uns wurde völlig freigelassen, wie wir ihn gestalten möchten. Nachdem wir ihn komplett gereinigt und den Kampf mit dem Rost aufgenommen hatten (wir verloren an einigen Stellen), erfrischten wir den weißen Anstrich und setzten unsere Pinsel an um unserer Kreativität freien Lauf zu lassen. Natürlich haben wir uns im Voraus eine Vorlage gezeichnet doch auf einem Stückchen Papier zu zeichnen oder auf einem großen Container mit unfreundlichen Wellen zu malen, das ist ein Unterschied! 

Ich finde jedoch, bis jetzt machen wir unsere Sache sehr gut. Naja, von dem kleinen Dilemma ausgenommen, das mich und eine schöne Wolke rot besprenkelte. Der Farbtopf war aber auch verdammt rutschig, da ist das schon okay, wenn man den mal fallen lässt. Wie Adrian nicht in schallendes Gelächter ausbrach als er Zeuge wurde, wie der Farbtopf aus meiner Hand sprang und sich über mich ergoss, ist mir bis jetzt ein Rätsel. Ich muss einfach zu betröppelt ausgesehen haben.. Inzwischen ist jedoch mein Körper sowie der Container wieder sauber und nur die rote Farbe im Gras erinnert an das Missgeschick.

Emotional bin ich gerade in einer Phase in der ich sehr stark realisiere, wie wenig Zeit mir hier noch verbleibt. Sicherlich trägt dazu auch die verstärkte Beschäftigung mit verschiedenen Universitäten bei. Eigentlich möchte ich mit meinen Gedanken noch gar nicht so weit voraus, nach diesem Jahr sein und doch muss ich es. Ich würde mich viel lieber noch vollkommen auf das Hier und Jetzt konzentrieren und doch muss ich damit beginnen mich um mein Studium zu kümmern. Ich möchte nach wie vor soziale Arbeit studieren doch bin ich mir noch sehr unsicher wo und an welcher Universität. Die starke Beschäftigung mit meiner Heimkehr löst in mir sehr gegenteilige Gefühle aus. Auf der einen Seite zeigt es mir deutlich, wie sehr ich doch eigentlich meine Freunde, meine Heimat vermisse doch auf der anderen Seite macht es mich sehr traurig in 3,5 Monaten Südafrika verlassen zu müssen. Ich habe Angst vor dem Abschiedsschmerz, ist im Gegensatz zu meinem Abschied im August `12 meine Rückkehr noch ungewiss und habe ich doch so viele Menschen fest ins Herz geschlossen. Es passiert in letzter Zeit öfter, dass mich deswegen eine Traurigkeit überfällt und ich nur wenig dagegen machen kann. Ich muss meine Erlebnisse jetzt einfach sehr intensiv in mich aufnehmen, sie in meinem Herzen bewahren und so mit nach Deutschland nehmen.

Nur dem Anschein nach ist die Zeit ein Fluss. Sie ist eher eine grenzenlose Landschaft, und was sich bewegt, ist das Auge des Betrachters.
-Thornton Wilde-

Mittwoch, 8. Mai 2013

Meine Liebsten zu Besuch

- 24. März bis 7. April -

Liebe treue Blogleser,
hier gibt es endlich auch wieder ein Lebenszeichen von mir. Leider war unser Internet und Telefonanschluss für ein paar Wochen lahmgelegt und ich hatte keine Möglichkeit den folgenden Eintrag online zu stellen. Er befindet sich nun schon fast einen Monat auf meinem Laptop und wartet nur darauf veröffentlicht zu werden. Aber besser spät als nie – enjoy! :)

Endlich war es soweit. Seit Tagen fieberte ich auf diesen Moment hin und mein Herz pochte wie verrückt, als ich mich auf den Weg zum kapstadter Flughafen begab. Während wiedervereinte Menschen sich glücklich in die Arme vielen und Schildträger sich darum bemühten einen möglichst auffälligen Platz zu ergattern, hielt ich meine Augen angestrengt auf den Gang gerichtet, aus dem Massen von gelandeten Fluggästen quollen. Und da waren sie. Nach 7 Monaten sah ich meine geliebte Mama und Schwester nun zum ersten Mal wieder (aufgrund des begrenzten Internets ist es uns nicht einmal möglich zu skypen). Der Versuch meine Emotionen unter Kontrolle zu halten scheiterte natürlich kläglich und Tränen voller Glück stiegen mir in die Augen als ich die Beiden nach so langer Zeit wieder in meine Arme schließen konnte.


Es war unglaublich schön, wie heimisch das Gefühl war sie hier zu haben und zu spüren, dass sich zwischen uns trotz der langen Trennung nichts verändert hat. Ohne auch nur irgendeine Gewöhnungsphase zu benötigen waren wir zusammen die Drei, die wir daheim in Wittnau aber auch in Indien, Amerika, Sri Lanka, Marokko etc. waren und das fühlte sich wunderschön an. Jede mit ihren eigenen Macken, Witzen oder Angewohnheiten, die die anderen Zwei nur all zu gut kennen und über die Jahre gelernt haben mehr oder weniger gut damit umgehen zu können. In diesem Zusammenhang fällt mir eine Situation auf einer unserer Fahrten ein. Ich kringelte mich über irgendein unwitzigen Witz den ich zum besten gegeben hatte, worauf mich Mama mit einem gewissen Unterton fragte, ob ich eigentlich in irgendeiner Weise das Gefühl habe mich verändert zu haben. Auf mein unsicheres „nöööö, du?“ meinte sie nur grinsend „überhaupt nicht!“. Natürlich gibt es schon ein paar kleine Veränderungen. So habe ich zum Beispiel gemerkt, dass ich es überhaupt nicht mehr gewöhnt bin mich in gewissen Dingen rechtfertigen zu müssen und Mama meinte ich hätte mich zu einer richtigen Hausfrau gemausert. Im Großteil aber bin ich immer noch ich und das finde ich schön zu wissen. Ich glaube dafür, dass mich ein solchen Jahr völlig verändern würde, hatte ich mich schon vor meiner Abreise im August 2012 zu viel gefunden.
Da ich die erste Woche nach der Ankunft der Beiden noch arbeiten musste, zogen sie viel alleine los und erkundeten mein derzeitiges Zuhause Kapstadt. Auch auf der Farm besuchten sie mich und verbrachten einen gesamten Arbeitstag von morgens um 9 Uhr bis abends um 19 Uhr mit mir. Es war richtig schön ihnen all das zeigen zu können, das sie bis dahin nur aus meinen Erzählungen kannten. Von jetzt an wissen sie immer genau bescheid, wenn ich ihnen von einer Person oder einem bestimmten Ort erzähle, wodurch auch sie sich meinem Leben hier viel näher fühlen können.
Da ich ab dem folgenden Freitag zehn Tage frei bekommen hatten, nutzen wir die Zeit um noch etwas zu reisen, etwas vom Land zu entdecken. Zuerst begaben wir uns jedoch noch zum Cape of good Hope, zum Kap der guten Hoffnung. Auf dem Weg dorthin begegneten wir einer netten Affen- sowie Vogelstraußfamilie, die mit langgestreckten Hälsen über die Straße schritt und die runden Augen neugierig über die Autos streifen ließ. Bei dem kalten Wind der uns um die Ohren blies, vermisste ich die Sonnenstrahlen sehr, die mich bei meinem ersten Besuch am Cape of good Hope begleiteten. Doch während sich in Deutschland so langsam die ersten Sonnenstrahlen zeigen, wird es hier Herbst und der steuert beängstigend schnell auf den Winter zu.
Eigentlich hatten wir am nächsten Tag einen schönen Ausritt am Strand geplant, doch wir hatten die Rechnung ohne den Wind gemacht aufgrund wessen der geplante Ausritt aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. So entschieden wir uns stattdessen den Chapman`s Peak Drive, eine schöne Küstenstraße zu fahren, die einem ausdrücklich die Schönheit der Natur hier vor Augen führt.
Am nächsten Tag begann unsere Reise durch das schöne Weinland und durch atemberaubende Berge. Weiter führte es uns auf die Route 62 die durch die Karoolandschaft vorbei an kleinen Örtchen führt, nach Oudtshoorn wo wir die Tiefen einer großen Tropfsteinhöhle erkundeten und ich wohl meinen nahesten Regenbogen sah.
Der Weg zu unserem nächsten Ziel Prince Albert führte uns über den nicht asphaltieren Swartberg Pass und war ein richtiges kleines Abenteuer, Während auf dem Höhepunkt des Passes tiefe Abhänge den Wegesrand säumten, türmten sich am Fuße des Berges gewaltige Steinwände auf, durch die wir uns mit unserem kleinen Mietwagen schlängelten. Prince Albert scheint ein verschlafenes, wohlhabendes Dörfchen zu sein, in dem wir jedoch sehr freundlich willkommen geheißen wurden. Während man in den meisten Gegenden Südafrika eher vorsichtig sein sollte, scheint es in Prince Albert keine Kriminalität zu geben. So wurde es uns zumindest von unserem Freundlichen Gastherrn erzählt, der uns versicherte es sei hier kein Problem wenn wir nachts auf der Straße wären und unsere Haustür können wir abschließen, ist aber eigentlich nicht nötig.
Nachdem wir Prince Albert am nächsten Tag verließen, begaben wir uns runter an die Küste nach Plettenberg Bay. Hier wurden wir sogar mit ein bisschen Sonne verwöhnt, sodass wir einen Tag an einem großen weißen Sandstrand entspannen konnten. Erst als der Wind uns in die Glieder fuhr und uns permanente Gänsehaut verschuf, begaben wir uns zum Auto, warfen noch einmal einen Blick auf die große Bucht in der es zur Saisonzeit nur so von Walen wimmeln soll, und begaben uns auf den Rückweg an der Küste entlang nach Mossel Bay. Hier kamen wir in einem alten Zug unter, der zu einem Backpacker umfunktioniert worden war. In seiner Einfachheit erinnerte es mich stark an eine Nacht die wir Drei damals in einem indischen Sammelschlafwagon verbrachten. Da jedoch das Ruckeln des Zuges, das Geräusch der Ventilatoren und der Inder im Bett nebenan der seine Handynummer durch das Gitter schob fehlte, erwies sich die Nacht in Mossel Bay doch um einiges komfortabler.

Unseren letzten Halt vor der Rückkehr nach Kapstadt machten wir am Cape Agulhas, dem südlichsten Punkt Afrikas, wo sich indischer Ozean und Atlantik treffen. Es fühlt sich unglaublich an dort zu stehen, auf den Ozean zu blicken und zu wissen, zwischen mir und dem Südpol befindet sich nun nur noch Wasser.
Nach einem wunderschönen sonnigen Tag und einem doch noch geglückten Strandausritt, setzten wir uns wieder ins Auto kehrten zurück nach Kapstadt. Auch dieses Mal stellte sich bei mir ein Gefühl des Heimkommens ein, als ich in die mir gut bekannten Straßen dieser schönen Stadt fuhr.

Nun blieben uns nur noch 1,5 Tage zusammen und es machte mich traurig die Beiden bald wieder gehen lassen zu müssen. Der Samstag wurde jedoch noch einmal ein ausgesprochen schöner Tag. Da uns noch der gemeinsame Aufstieg auf den Tafelberg fehlte, brachen wir trotz leichten Regens und durch das Reiten verursachte Beinschmerzen am Samstag morgen auf. Da für mich die Hochfahrt mit dem Cable Car nicht in Frage kam, liefen wir, ungewiss darüber ob das Wetter uns wohlgesinnt war, los. Von Wohlsinn konnte jedoch kaum die Rede sein. Die schwülen Temperaturen am Fuße ließen den Schweiß aus allen Poren treten und weiter oben verbarg uns nasser Nebel jegliche Sicht. Wir hielten jedoch durch und als wir uns schließlich am Gipfel, erschöpft und doch glücklich, im Gipfelcafe niederließen, klärte der Himmel auf und offenbarte uns eine atemberaubende Sicht.
Trotz der Anstrengung und des weniger guten Wetters war dies ein wunderschöner Tag und
da wir uns für den Rückweg für die Cable Car Variante entschieden, blieb ich dieses Mal sogar von schmerzenden Beinen am nächsten Tag verschont. 
Während ich zwar von schmerzenden Beinen verschont blieb, blieb der Schmerz des Abschieds am nächsten Tag nicht aus. Dieses Mal war es jedoch Mama, die als erstes dem Drang ihrer Tränen nachgab und dem Schmerz eines weiteren Abschieds Ausdruck gab. Natürlich konnte auch ich meine Tränen nicht zurückhalten und ich blickte ihnen traurig nach, bis sie hinter großen Glastüren verschwanden. Auch wenn dieser Abschied schwer war, ist er nicht zu vergleichen mit dem, was ich vor sieben Monaten gefühlt hatte. Kapstadt ist zu meiner zweiten Heimat geworden, ich habe Freunde hier gefunden und bin jeden Tag umgeben mit Kindern die ich fest in mein Herz geschlossen habe. Ich kenne mich auf den Straßen aus und kenne meine Aufgaben im Projekt. Außerdem fliegt die Zeit hier förmlich an mir vorbei sodass ich weiß, 5 Monate gehen schnell vorbei. Und 5 Monate sind genau die Zeit, nach der ich die Beiden wieder sehe.
Ich bin unglaublich dankbar dafür, dass sie mich hier besucht haben. Sie haben mir viel Kraft gegeben für die verbleibende Zeit und mir gezeigt, egal wie lange wir voneinander getrennt sind, wir drei sind eine Einheit.
Danke Mama, danke Aisha! 


Donnerstag, 14. März 2013

Tag 187 bis 195


-8. bis 14. März 2013-
Da Bongi, Lusanda und Pinky direkt nach unserer Rückkehr vom Zwischenseminar ein eigenes Seminar von den „Freunden“ hatten, trugen wir Freiwilligen die Verantwortung für die restlichen drei Tage der Woche. Es ist schön zu erleben, dass uns diese Verantwortung übertragen wird und wir das Projekt auch ohne Hilfe von „oben“ ohne Schwierigkeiten seinen gewohnten Ablauf nimmt. Es war sehr schön einmal ganz allein entscheiden zu können was wir mit den After School Care Kindern machen. So hielten wir uns an die Zeit in der sie sich ihren Hausaufgaben zuwenden konnten, spielten aber auch viele Spiele sowohl drinnen wie draußen und gaben ihnen wieder Gelegenheit an ihren Bändchen zu knüpfen. Gerade das Bändchen Knüpfen macht ihnen unglaublich viel Spaß, sodass sich unser Wollvorrat schon bald dem Ende zuneigt. Glücklicherweise habe ich von meiner Tante eine Spende erhalten, von der wir uns neue Wolle und evtl. auch Häkelnadeln zulegen werden. Gerade wenn es bald kälter werden wird (auch wenn das bei den aktuellen Temperaturen bis zu 38°C noch schwer vorstellbar ist), sind Handarbeiten im Warmen eine schöne Beschäftigung.
Ich muss allerdings zugeben, das mit dem Winter ängstigt mich ein bisschen. Wir haben immer noch ein Loch im Dach durch das es gelegentlich reinregnet, in einem unserer Fenster direkt bei den Betten fehlt eine Unterteilung (unsere Fenster sind jeweils in sechs kleinere Fenster unterteilt) die Ann-Christin schlaftrunken beim Versuch das Fenster zu öffnen ausversehen ausschlug und ein weiteres Fenster müssen wir aufgrund eines Kabels immer offen halten. Zu guter letzt dürfen wir den gemütlichen Ofen der von einem Vorfreiwilligen gebaut wurde nicht benutzen, da er zu heiß wird und die Wand zerspringen lässt. Wenn ich an die Kälte denke, die mich damals im September (im abklingenden Winter) empfing, schüttelt es mich am ganzen Körper und ich hoffe darum wird sich noch vor dem großen Kälteeinbruch gekümmert.
Da Pinky am Freitag 21 wurde und das hier etwas sehr besonderes ist, schmiss sie am Samstag eine große Party, zu der auch wir eingeladen wurden. Pinky wohnt im Township Nyanga, Crossroads, das zu den gefährlichsten Orten der Welt zählt. Im Rahmen ihres Festes erschien es uns jedoch für nicht allzu gefährlich und so begaben wir uns zu dem Haus ihrer Großmutter, vor dem ein großes Zelt über die Straße gespannt worden war.
Es wurde getanzt, die Stimmung war sehr gut und erst die Kälte trieb uns zurück auf die Farm in unsere warmen Betten.
Am Sonntag begaben wir uns in die Ausstellung „Körperwelten“ von Gunther von Hagens in der einem das Wunder unseres Körpers an echten Körperteilen und sogar an gesamten Körpern Verstorbener veranschaulicht wird. Da all jene Körperteile natürlich einer speziellen Behandlung unterzogen wurden, sehen sie bei Weitem nicht so abstoßend aus, wie man es sich vielleicht vorstellt. Mir ist es sogar sehr schwer gefallen zu realisieren, dass all das Dargestellte eben keine Modelle sind, sondern aus einem echten, menschlichen Körper entstammen und dass der gespaltete Kopf in dem Glaskasten vor mir mal geschlossen war, atmete, die Augen durch die Welt streifen lies und der Mund munter Geschichten erzählte. Ich weiß nicht so richtig, was ich davon halten soll. Natürlich haben die Menschen vor ihrem Tod dieser Weiterverarbeitung ihrer Körper zugestimmt und wollten das, doch irgendwie fühlt es sich für mich nicht so richtig stimmig an. Vor allem die Ausstellung der Embryonen stehe ich kritisch gegenüber. Die kleinen Wesen die teilweise schon Haare auf ihren zerbrechlichen Köpfchen hatten konnten nie einer solchen Ausstellung zustimmen. Können wir uns dann das Recht herausnehmen es trotzdem zu tun?
Mit Anbruch der Woche herrschte eine sehr gute Stimmung bei uns im Office. Das Team war wieder vollständig und den drei Rückkehrern hat das Seminar wohl sehr gut gefallen. Es hat auch gleich seine Wirkung in einem sehr guten Meeting gezeigt. Es herrschte eine eher ungewohnte doch sehr schöne Offenheit unter uns allen und wir konnten wichtige Dinge besprechen und Ziele setzen. Solche Meetings soll es von nun an jeden Montag geben und ich hoffe, dass sie auch wirklich stattfinden und zwar genau in der Atmosphäre, in der jenes stattfand. Ich bin mir sicher, das könnte uns alle noch ein bisschen näher bringen und unsere Zusammenarbeit verbessern. 
Für Morgen habe ich einen kleinen Wettbewerb für die After School Kinder vorbereitet. Ich freue mich schon sehr darauf und ich glaube, wir werden eine Menge Spaß haben.