Sonntag, 27. Januar 2013

Ferientagebuch II


Lesotho 
- 21. bis 23. Dezember 2012 -
Da Tim an dem Morgen des 21. schon sehr früh seinen Flug nach Cape Town gebucht hatte, wachte ich am Tag meiner Weiterreise ganz alleine im Zimmer auf. „Heute ist es soweit“ dachte ich mir, freute mich über die Weihnachtspost die mir Tim hinterlassen hatte, frühstückte ein Joghurtmüsli wie jeden Tag und verabschiedete mich von allen. Trotz dessen, dass ich nur so kurz dort gelebt habe, viel mir vor allem der Abschied von den Kindern sehr schwer. Wir hatten in den vergangenen Tagen viel Spaß zusammen gehabt.
Mit dem Zug fuhr ich nun also von Pretoria nach Johannesburg, wo ich hoffte an der Park Station einen Minibus nach Lesotho zu finden. Da ich von den verschiedensten Quellen gehört bzw. gelesen habe die Park Station wäre kein sicherer Ort für Touristen, war ich ein bisschen aufgeregt, was mich dort wohl erwarten würde. Der Zuruf eines Taxifahrers, der mich nach meiner Ankunft in Joburg in Richtung des Taxi Ranks laufen sah, ich könne dort nicht hin, das wäre zu gefährlich, trug nicht gerade zu einer innerlichen Entspannung bei. Je näher ich meinem Ziel kam, desto voller wurde es. Menschen mit viel Gepäck schoben sich aneinander vorbei, hielten an einem der kleinen Straßenständchen an oder warfen mir erstaunte Blicke zu. Als einige Weiße weit und breit fiel ich stark auf und ich war in diesem Moment sehr froh, klein zu sein und so unter den ein oder anderen Blicken durchtauchen zu können. Schließlich bog ich in den riesigen Taxi Rank ein. Minibusse und Menschenschlangen soweit  ich blicken konnte und leider hatte ich nicht die geringste Ahnung, wohin ich mich denn begeben musste. Glücklicherweise sprang mir direkt am Eingang ein großer Mann in neonfarbener Weste ins Auge, der dort offensichtlich arbeitete und mir sofort den richtigen Abfahrtspunkt nach Lesotho zeigte. Während andere Abfahrtspunkte überdacht und mit einer Tafel gekennzeichnet waren, befand sich meine Menschenschlange unter vielen anderen inmitten des Platzes ohne jeglichen Anhaltspunkt. Zu Beginn hatte das Warten noch etwas spannendes an sich. Ich beobachtete die vielen unterschiedlich gekleideten Menschen und sog das wilde Treiben in mich ein. Nachdem jedoch ca. zwei Stunden vergangen waren, wurde die Sonne immer unerträglicher, die Minuten schlichen und keiner wusste, wann der nächste Minibus denn eintreffen würde. Es hätten zehn Minuten, eine Stunde oder der halbe Tag sein können und niemand wusste es. Nach geschlagenen vier Stunden braten in der Hitze, schien einer der Minibusse die sich zwischen die Menschenmassen pressten, doch tatsächlich nach Maseru zu fahren. Es kam Leben in die hauptsächlich sitzende Reihe und schnell war der Bus mit Menschen gefüllt. Nachdem alle ihren Platz eingenommen hatten, wurden anschließend die Taschen, Koffer, Säcke und Eimer zwischen und auf den Reisenden gestapelt. Für mich sah die ganze Sache jedoch nicht so gut aus. Genau vor mir war der Bus bis auf zwei für das Gepäck gedachte Sitze gefüllt und es schien ganz so, als hätte ich mich zu früh gefreut und mir weitere Stunden des Wartens bevorstanden. Da ich eigentlich nicht bei Dunkelheit in Maseru ankommen und weitere Stunden in der Sonne braten wollte, ärgerte mich das sehr und erste Sorgen stiegen in mir auf, wo ich denn die Nacht verbringen werde. Zwar hatte ich den Backpacker in Maseru schon gebucht aber bis zu welcher Uhrzeit ich dort einchecken konnte, das wusste ich nicht. Wie so oft schienen meine Gesichtsausdrücke mal wieder das Geschehen in meinem Innern deutlich zum Ausdruck zu bringen und ich bemerkte wie im Bus eine Diskussion entflammte ob man mich noch mitnehmen könnte oder nicht. Ich hatte Glück und nachdem alles Gepäck verstaut worden war, wurde ich noch zwischen Tasche und Tür gequetscht und los ging die Fahrt. Leider war sie nicht von allzu langer Dauer und nach ca. 45 Min fuhren wir schon auf die erste Tankstelle. Als ich von der Toilette zurückkam wunderte ich mich ein bisschen, dass es sich alle Mitreisenden im Gras gemütlich gemacht hatten doch schon bald erreichte mich die Erklärung. „This car is broken“. Na toll, da wartet man einen halben Tag um 45 min zu fahren und dann anschließend mit einem kaputten Auto auf einer Tankstelle hängen zu bleiben. Doch es half alles nichts und auch ich legte mich ins Gras um auf einen anderen Minibus zu warten, schrieb ein bisschen Tagebuch, rief bei meinem Backpackers an um bescheid zu geben, dass es etwas später werden könnte und unterhielt mich mit den Anderen. Unser Fahrer gab seinen Bus jedoch nicht auf und nach einer weiteren Dreiviertelstunde schnurrte er wieder wie ein Kätzchen. Wir stapelten uns also wieder wie zuvor in den Bus und weiter ging unsere Reise von der ich hoffte, dass sie noch am selben Tag ein Ende hatte. Je näher wir dem bergigen Land kamen, desto dunkler wurde die Wolkendecke und Blitze zuckten in der Ferne durch den Himmel. Passend zum 21.Dezember breitete sich also eine richtige Weltuntergangsstimmung aus und ich war froh, dass es nicht regnete als wir um 23 Uhr schließlich die Grenze erreichten. Ich war sehr erschöpft, als ich schließlich eine Stunde später die Grenze überquert hatte und in das Bett eines schmuddeligen Backpackers fiel.
Da es die Vorweihnachtszeit war und neben mir viele andere in das Innland Lesothos wollten um ihre Familien zu besuchen, musste ich mich am nächsten Tag schon um 7 Uhr auf die Weiterreise begeben. Mein Ziel waren die fast 200m hohen Maletsunyane Falls in Semonkong. Als ich jedoch am Busbahnhof  Maserus ankam, war schon der gesamte Platz mit Menschen gefüllt und ich musste mich ans Ende einer riesigen Schlange stellen. Beim langen Warten in der Sonne viel mir der typische und ausgesprochen hitzeungeeignete Kleidungstyle eines Basothos auf. Der typischer Basotho Mann trägt Gummistiefel (nach belieben mit Wollsocken), hat eine Wolldecke um die Schulter hängen die den halben Körper bedeckt, einen Sonnenhut/eine Sonnenmütze auf dem Kopf und einen Holzstab in der Hand. Leider kam der Bus nicht wie gewöhnlich zwischen neun und zehn, und es wurde immer voller und ich wartete, wartete, wartete… So war ich sehr dankbar, als mich Tokelo, ein 19 jähriger Basotho ansprach und wir die Zeit mit einem spannenden Gespräch totschlugen. Unsere Unterhaltung wurde jedoch grob unterbrochen, als (es muss ca. 13:30 Uhr gewesen sein) mich auf einmal ein aufgeregter Mann an der Hand packte mir „harry harry“ zurief und versuchte mich mit sich zu ziehen. Zwar verstand ich nach einem kurzen Moment der totalen Verwirrung, dass mit harry wohl nicht der Männername sondern hurry-beeilung gemeint war, aber das war auch schon alles und so setzte ich mich gegen das heftige Ziehen standhaft zur Wehr und war nicht von meinem Platz wegzubewegen. Die Umstehenden mischten sich nun auch ein Schwall Sesotho entleerte sich über mich den ich natürlich nicht im geringsten verstand und der nicht gerade zur Aufklärung beitrug. Erst als Tokelo sich dazu entschloss mit mir zu kommen setzte ich mich in Bewegung und zusammen folgten wir dem Mann, der sich in einem ungeheuren Tempo seinen Weg durch die Menge und weg vom Bahnhof bahnte. Als wir um die nächste Ecke bogen, stand dort unser langersehnte Bus und es stellte sich heraus, dass der Mann in diesem Bus arbeitete und uns schon vor dem eigentlichen Busstop einsteigen lassen wollte. Als wir an jenem ankamen, konnte ich auch verstehen wieso und war unglaublich dankbar dafür. Kaum bog der Bus um die Ecke brachen die Menschen aus der Reihe und versuchten die Türen des noch fahrenden Busses aufzubekommen um hineinzugelangen. Als er dann schließlich anhielt und seine Tür öffnete brach das komplette Chaos aus. Menschen schubsten, drückten, zogen und schlugen sich um auch ja einen Platz zu ergattern. Die Kinder auf den Rücken der Mütter weinten laut und Gepäck und Babys wurden durch die Fenster gereicht. Menschen die bei dem ganzen Tumult hinfielen hatten kaum eine Chance wieder hochzukommen geschweige denn in den Bus zu gelangen. Die Menschen, die es tatsächlich schafften waren Schweißüberströmt und atmeten schwer. Ein dementsprechend unangenehmer Geruch verbreitete sich und zusammen mit der Sonne konnte ich mir wahrlich schönere Orte als diesen Bus vorstellen. Leider schien mein Wunsch so bald wie möglich loszufahren abseits jeglicher Realität zu liegen, denn die Situation eskalierte. Ein Mann war sehr erbost darüber, dass er es nicht geschafft hatte in den Bus zu kommen und wusste sich nicht anders zu helfen als den armen Busmann mit seinem Stock zu attackieren. Dieser wollte sich das jedoch natürlich auch nicht gefallen lassen und so brauchte es ein paar starke Männer, um die beiden wieder auseinander zubekommen. Der unschöne Vorfall hatte das noch unschönere Resultat, dass der gesamte Bus nun auf die Polizei und Klärung des Falles warten musste. Nach 1,5 Stunden kamen wir dann aber endlich los und brachen auf in das bergige Innland. Der Schotterweg schlängelte sich durch die Berge und schon nach kurzer Zeit war mein Handysignal verschwunden und von Zeit zu Zeit konnte man die vereinzelten runden Stein und Lehmhäuser der Basothos bewundern. 
Die Fahrt verlief bis auf ein paar Streithähne, die mitten im Nirgendwo aus dem Bus geworfen wurden, ohne größere Zwischenfälle. Auf der fünfstündigen Fahrt hatten Tokelo und ich einige spannende Gesprächsthemen wie unter anderem auch die Initiation. Die Initiation ist noch immer eine wichtige Station auf dem Weg eines schwarzen Afrikaners ein Mann zu werden. Hierfür gehen die meist zwischen 16 und 20 jährigen oft einige Zeit in die Berge, wo sie beschnitten werden und lernen was es bedeutet ein Mann zu sein. Leider ist es ihnen verboten darüber zu reden, sodass es sehr schwer ist genaueres über den Vorgang der Zeremonie zu erfahren.
mein Häuschen (rechts im Bild)
 Ich bemerkte überhaupt nicht wie schnell die Zeit verging und als wir endlich in dem kleinen Dorf ankamen, hatte es schon zu dämmern begonnen. Der Bus wurde schon von einigen Dorfbewohnern ungeduldig erwartet, die sich auf ihren Pferden tief in ihre Decken eingewickelt hatten um möglichst wenig vom eingesetzten Regen und der Kälte zu spüren. Auch den Wert der Gummistiefel erkannte ich, als ich einen Fuß aus dem Bus in den matschigen Untergrund setzte. Doch es half alles nichts und ich machte mich in Begleitung Tokelos auf den Weg zur ca 20 min entfernten Lodge. Hier teilte ich mir ein süßes, mit sechs Betten ausgestattetes Häuschen mit einem freundlichen Japaner.




Für den nächsten Tag hatte ich einen vierstündigen Ausritt gebucht, um die Natur und vor allem die Maletsunyane Falls erkundigen. Auf unserem Weg dorthin kamen wir nur an wenigen Häusern vorbei und nur hier und da begegneten uns Reiter mit Schafen und mit Bierkästen beladenen Eseln. 





Die weiten Flächen und die Ruhe strahlten so viel Frieden aus und als ich schließlich den Wasserfall erblickte, blieb mir beinahe der Atem weg. Ein unglaublicher Naturschatz den ich hier erkunden durfte!




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